Es war für die damals 8-jährige Chariya frustrierend, als sie mit der Schule aufhören musste. Sie liebte den Klassenraum. Ihre Mutter Oeurn konnte die Schulgebühren nicht mehr zahlen. Obwohl sie hart gearbeitet hatte – auch nachts – und viele Opfer gebracht hatte, hatte sie nie genug Geld, um die Kosten für die Schule, Materialien oder die Uniform zu decken.
Wie Chariya gehen rund 272 Millionen Kinder und Jugendliche nicht zur Schule. Ungleiche Bildungschancen führen dazu, dass in den ärmsten Ländern etwa 36 Prozent der Schüler nicht zur Schule gehen, verglichen mit den reichsten Ländern, in denen es rund 3 Prozent sind. Etwa 34 Prozent der Menschen, die nicht zur Schule gehen, leben in Zentral- und Südasien, und rund 39 Prozent leben in Afrika südlich der Sahara. Weltweit gibt es mehr Jungen (139 Millionen) als Mädchen (133 Millionen), die keine Schule besuchen.i
Was bedeutet Literalität?
Lesen und Schreiben sind Kompetenzen, die sich ein Leben lang entwickeln. Das bedeutet heute weit mehr, als lesen und schreiben zu können. Informationen müssen verstanden, bewertet und selbst verarbeitet werden. Deshalb ist Literalität eng verbunden mit digitalen Kompetenzen, um sich online sicher bewegen zu können.

Deshalb sind Lese- und Schreibfähigkeiten wichtige Voraussetzungen für den schulischen und beruflichen Erfolg. Wer als Kind Lese- und Schreibkompetenzen erwirbt, hat später bessere Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben. Sie befähigen, sich im Alltag selbstständig zu bewegen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Darüber hinaus fördert es die kognitive Entwicklung, das analytische Denken und hilft, Lösungen für Probleme zu finden. Im digitalen Zeitalter sind diese Fähigkeiten wichtig, um digitale Inhalte verantwortungsvoll zu nutzen, zu bewerten und zu erstellen.ii
Chariyas Wunsch
Chariya erinnert sich: „Ich habe tief in meinem Herzen von einem anderen Leben geträumt. Ein Leben, in dem mein Vater noch hier ist, er meine Hand hält und mich zur Schule bringt, so wie es andere Eltern machen. Ich träumte von dem Tag, an dem ich stolz meine Schuluniform und meine Schultasche tragen würde, so wie die anderen Kinder.“

Oeurn, Chariyas Mutter, brach das Herz, als ihre Tochter sie unter Tränen anflehte, abends nicht zur Arbeit zu gehen. „Mama, bitte geh nicht zur Arbeit. Ich möchte, dass du neben mir liegst und mich hältst. Ich habe Angst. Mir ist kalt.“
Die Worte ihrer Tochter zerrissen Oeurn innerlich. Sie stand zwischen den emotionalen Bedürfnissen ihrer Kinder und der schweren finanziellen Situation. Obwohl es ihr schwerfiel, hatte sie keine andere Wahl. Sie musste arbeiten gehen. Während ihrer Nachtschichten dachte sie an ihre Kinder, die allein zu Hause waren. Natürlich machte sie sich Sorgen, dass ihnen etwas Schlimmes passieren könnte.
Armut mindert Lernchancen
Armut hat erhebliche Auswirkungen auf die Lese- und Schreibkompetenzen. Der Zugang zur Schulbildung fehlt, wenn Schulgebühren oder Kosten für Material, Bücher oder die Uniform von Familien nicht aufgebracht werden können.

„Hochwertige Bildung“ steht in den UN-Nachhaltigkeitszielen klar im Fokus. Ziel ist es, inklusive, gleichberechtigte und qualitativ hochwertige Bildung für alle zu gewährleisten. Darüber hinaus soll lebenslanges Lernen für alle Menschen gefördert werden. Ein Unterziel betont, dass alle Mädchen und Jungen gleichberechtigt eine kostenlose Grund- und Sekundarschule besuchen können und diese Bildung zu sinnvollen, effektiven Lernergebnissen führt.iii
Zurück in der Schule
Noch bevor die Kirche, zu der Chariya gehört, mit Compassion zusammenarbeitete, setzte sie sich leidenschaftlich für Kinder ein. Chariya startete wieder mit der ersten Klasse, als sie zwölf Jahre alt war, und ihre Kirche übernahm 50 Prozent der Schulgebühren. Sie konnte weder lesen noch schreiben.
Normalerweise sollte eine 12-Jährige die siebte Klasse besuchen. Anfangs war sie ruhig und zurückhaltend. Chariya blieb für sich, sprach selten mit anderen und hatte keine Freunde.

Etwa ein Jahr, nachdem Chariya zurück in der Schule war, wurde sie im Kinderzentrum von Compassion aufgenommen und konnte an einem Kurs für Jugendliche teilnehmen. „Anfangs war es komisch, denn ich kannte niemanden“, erzählt Chariya.
Durch den Kurs konnte sie an Zusatzangeboten wie Musik- oder Englischunterricht teilnehmen und erhielt Nachhilfe. Mit dem regelmäßigen Schulbesuch und der Unterstützung erreicht Chariya die fünfte Klasse. „Chariya hat fleißig gelernt und wurde von den Mitarbeitern unterstützt. Ihre Fortschritte waren bemerkenswert“, erzählt Herr Chantol, Leiter des Kurses. Mary, Mitarbeiterin des Kinderzentrums, sagt: „Sie hat sich von einem Kind, das kaum spricht, zu einem mutigen Mädchen entwickelt. Sie kann sich ausdrücken und weiß, wie sie Fragen stellen kann, wenn sie etwas nicht versteht.“
Chariya hat sich nicht nur schulisch verbessert, sondern ist auch sozial, emotional und geistlich aufgeblüht.
Eine rosige Zukunft
Mit ihrem neugewonnenen Selbstvertrauen wagt Chariya es, groß zu träumen. Sie möchte gerne Ärztin werden. „Ich werde fleißig lernen, um mein Ziel zu erreichen“, sagt sie.
Auch Oeurn ist glücklich: „Auch wenn es für mich als Alleinerziehende schwer ist, ermutigt mich Chariyas Traum. Ich bin der Kirche dankbar, insbesondere für das Programm, das meine Tochter unterstützt. Ich hoffe, dass sie ihren Traum verwirklichen kann.“
Früher glaubte Chariya, dass ihre Träume unerreichbar seien. Heute wagt sie, zu träumen.