Die traditionellen Häuser werden mit Erde, Wasser, Stroh und Kuhmist zusammengemischt, was einen widerstandsfähigen Ton ergibt. Daraus werden dicke Wände geformt, die sorgfältig von Hand geschichtet werden, wodurch kreisförmige Häuser entstehen, die an kühlen Morgen Wärme speichern und an warmen Nachmittagen kühl bleiben.
Die Arbeiter bilden Gruppen, um drei Haupttypen von Häusern mit ihren Händen Schicht für Schicht zu bauen. „Dazu gehören die ‚Mütterhäuser‘ oder ‚Dinian‘, die mit ihrem achteckigen Grundriss die Struktur der Community bilden und für ältere Menschen, Witwen, junge Mädchen und Kinder reserviert sind. Die Häuser junger Ehepaare, sind die quadratische ‚Mangolo‘. Die Häuser für Jugendliche und junge Männer sind die runden ‚Draa‘“, erklärt Richard, ein Reiseleiter des besonderen Ortes.

Sobald die Wände unter der Sonne getrocknet und ausgehärtet sind, bemalen Frauen diese mit natürlichen Pigmenten wie schwarzem Graphit, weißem Kaolin und rotem Ton und schnitzen Muster auf die Wandoberflächen jedes Hauses.
Diese Muster sind wunderschön, dienen aber einem weiteren Zweck: Sie erzählen Geschichten der Menschen, betonen ihre Identität und drücken die Kreativität der Kassena aus.
Ange und ihre Cousine Sidoni lernen, wie sie starkes, nachhaltiges und farbenfrohes Baumaterial herstellen können. Unter der Anleitung ihrer Tante Pauline und Großmutter Djourou wird den Mädchen die Kunst beigebracht, ihre Häuser zu verzieren und die Geschichte ihrer Leute zu erzählen.
„Jeder Strich, jeder Punkt und jede Linie hat eine Bedeutung. Einige Symbole stellen Vögel, Fischernetze und Hirseblätter dar, während andere an Heirat, Fruchtbarkeit oder an Haushaltsgegenstände erinnern. Die Frauen verwenden zerbrochene Schalen aus Flaschenkürbis, Stöcke, Federn und ihre Finger“, fügt Richard hinzu.

Ein Ort voller Geschichten
An diesem einzigartigen Ort sind viele Kinder mit großen Herausforderungen konfrontiert. Djourou kümmert sich seit dem Tod von Anges Eltern um ihre Enkelin. Darüber hinaus ist die 10-Jährige Teil des Compassion-Patenschaftsprogramms der lokalen Partnerkirche.

Langsam findet sie Ruhe in den einfachen Ritualen des täglichen Lebens. Jeden Morgen holt sie Wasser. Sie hilft dabei, die Hirse für das Abendessen zu stampfen. Sie läuft über die staubigen Straßen, um zur Schule und zum Kinderzentrum der lokalen Partnerkirche zu gelangen. Anges Zuhause ist nur einen Steinwurf von den bemalten Häusern entfernt.
„Ich schlafe auf einer Matte auf dem Boden neben meiner Großmutter. Wenn ich aufwache, berühre ich gerne die Wände. Sie fühlen sich warm und weich an. Ich mag den Raum, weil ich weiß, dass er von meinen Urgroßeltern gebaut wurde“, sagt Ange mit einem Lächeln.

Im Kinderzentrum erhält Ange Schulmaterial, ausgewogene Mahlzeiten und Zugang zur Gesundheitsversorgung. Außerdem wird sie in ihrer sozialen, emotionalen und geistlichen Entwicklung gefördert und lernt, sich als Trägerin der Kultur verstehen.
„Ich mag den Unterricht und die Mahlzeiten im Kinderzentrum. Wenn ich groß bin, möchte ich Lehrerin werden und das Wissen an andere Kinder weitergeben“, erzählt Ange selbstbewusst.

Ange ist stolz auf ihr Volk und ihre Kultur. „Ich mag es, wenn Besucher kommen. Sie lächeln und machen Fotos. Ich sage ihnen dann: ‚Das ist mein Haus.‘ Eines Tages werde ich mit meiner Tochter, die Wände streichen, so wie es meine Oma mit mir getan hat‘“, sagt Ange. Die Gastfreundschaft der Kassena heißt jeden willkommen, der diesen besonderen Ort besucht.

Nach zwei Stunden harter Arbeit haben drei Mütter gemeinsam mit Ange und Sidoni eine ganze Wand gestrichen. Diese traditionellen Häuser sind wunderschön und widerstandsfähig gegenüber Naturkatastrophen. Ange und ihre Freundinnen wachsen heran, um eines Tages ihre eigene Geschichte auf die Wände zu malen und mit den nächsten Generationen zu teilen.
Bericht und Fotos: Jehojakim, Compassion Burkina Faso