Bereits im letzten Jahr war Tom Lupo von ART HELPS mit Compassion in Sri Lanka. Beim Workshop mit Handlettering-Künstler Stefan Kunz entstand die Hope Wall. Dieses Jahr war Bernd Keller dabei, der bereits als Modedesigner für Marken wie Hugo Boss,
Marc O’Polo, Puma oder Adidas tätig war.
„Ich durfte die Kenntnisse, die ich in den letzten 35 Jahren gelernt habe, in diesem Workshop an Kinder weitergeben. Auf eine Art und Weise, die so wertvoll ist“, erzählt Bernd Keller begeistert. „Wenn du in die Augen der Kinder und Jugendlichen schaust, merkst du, wie sie alles aufnehmen wie ein Schwamm und sofort umsetzen.“

Im letzten Jahr hat auch die heute 21-jährige Piyumi am Workshop teilgenommen. Damals zeigte sie spontan ihre Modeentwürfe und gab daraufhin ihr Know-how an die anderen Teilnehmer weiter. Gemeinsam mit den Compassion-Mitarbeitern vor Ort und dem Blick für kreative Talente vom Team von ART HELPS war schnell klar: Das Potenzial soll gefördert werden.
Dieses Jahr war ART HELPS mit dem Modedesigner Bernd Keller zurück, um beim Designing Hope-Workshop 25 Jugendliche ganz praktisch zu schulen. Auch Piyumi war wieder mit dabei.
Piyumi
„Ich hatte schon früh eine große Leidenschaft für das Nähen. Mein Bruder hat diese Leidenschaft gesehen und mir eine Nähmaschine gekauft“, erzählt Piyumi. Ihr Bruder verkaufte dafür eine der Kühe, um sie nach ihrem Schulabschluss zu fördern. Auch das Kinderzentrum unterstützte sie mit Material für einen Nähkurs.

Zu ihrem Vater, erzählt Piyumi, hat sie keinen Kontakt. „Die Liebe meines Vaters habe ich nie erfahren. Meine Mutter und mein Bruder waren es, die sich um alles gekümmert haben.“ Und jetzt durfte Piyumi am Designing Hope-Workshop teilnehmen. „Es hat mich glücklich gemacht. Sie haben uns viel beigebracht, zum Beispiel das Bedrucken von Kleidung.“
„Piyumi ist eine von ganz vielen Persönlichkeiten, die wir hier kennenlernen durften. Es ist schön zu sehen, wie sie hier erste Schritte macht, wie sie anfängt, aus sich herauszukommen, Dinge sichtbar werden und wie sie langsam ihren Weg geht“, erzählt Tom Lupo von ART HELPS, der Piyumi bereits letztes Jahr kennenlernte. Er weiß, dass sie mit vielen Herausforderungen konfrontiert ist, aber er schaut hoffnungsvoll auf ihr Leben.
„Wenn Piyumi durch kreative Prozesse eine Vision für ihr Leben entwickeln kann, bin ich mir sicher, dass sie ihre Ziele erreichen kann“, sagt Tom. „Das ist die Kraft von Kreativität.“

Der Wunsch für den Workshop: Jeder Mensch soll sein eigenes kreatives Potenzial entdecken. „Wir wollen Menschen dazu bringen, zu experimentieren, neue Wege und neue Lösungen zu finden, damit sie es auf ihr Leben übertragen. Sie lernen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.“ Tom Lupo weiß: „Wir können natürlich durch solche Workshops den Kontext und das Umfeld nicht verändern. Wir können Armut nicht von heute auf morgen besiegen. Durch das kreative Potenzial lernen sie jedoch, damit umzugehen und neue Lösungen zu finden.“
„Unser Motto ist ‚Designing Hope‘. Wir wollen einerseits Hoffnung geben und andererseits den Kindern, die hier in Armut leben, zeigen: Wir können sie unterstützen, aber sie selbst können etwas tun, wenn sie Selbstbewusstsein und die Fähigkeiten vermittelt bekommen“, ergänzt Bernd Keller.

DESIGNING HOPE–WORKSHOP
Zu Beginn des Workshops war die Aufregung groß: „Ich wusste nicht, was uns hier erwartet“, erzählt Bernd. „Die Kinder und Jugendlichen haben hoffnungsvoll ausgesehen, aber da war auch ein bisschen Skepsis: Kann ich das? Bin ich hier richtig?“ Nach den ersten kreativen Versuchen und dem Lächeln der Kinder war klar, wie viel Potenzial in jedem Einzelnen steckt. Der Workshop sollte das Selbstbewusstsein in den Kindern und Jugendlichen wecken und ihnen zeigen, dass jeder von ihnen besondere Fähigkeiten hat.
Die Jugendlichen lernten am ersten Tag die Grundlagen des Designs kennen. „Wir haben keine digitalen Tools genutzt, sondern Papier und Stift zum Zeichnen genommen“, erzählt Bernd Keller. Er zeigte ihnen, wie Körperformen aufgeteilt werden und Figuren und Kleidungsstücke entstehen. Dafür falteten die Teilnehmer ein Stück Papier in acht Teile, zeichneten die Körperformen ein und darauf die ersten Skizzen für ihre Kleider.
„Ich habe sie auf eine Reise mitgenommen: die Freude am Zeichnen, am Kreativsein und daran, ihre eigenen Ideen umzusetzen und sichtbar zu machen“, beschreibt Bernd die gemeinsame Zeit.

Am zweiten Tag ging es darum, das Design in ein Schnittmuster zu übertragen. Am dritten Tag wurden die Stoffe ausgewählt, zugeschnitten, und es wurde mit dem Nähen begonnen. Während die einen mit Bernd an ihren Kleidern arbeiteten, haben die anderen in dieser Zeit gesponserte Puma-Shirts gestaltet. Sie zerschnitten die Shirts und setzten sie neu zusammen. „Mit einer Bügelpresse konnten sie ihr eigenes Design aufdrucken und somit ihr eigenes T-Shirt gestalten“, erzählt Tom, der die Jungs in diesem Prozess anleitete.
Ein wuselig-chaotischer, aber schöner Tag. Am vierten Tag wurden alle Kleidungsstücke fertiggestellt.
Zwischen den Reisfeldern
Das Großartige an den gemeinsamen Workshops, sagt Tom Lupo, sei, dass niemand wisse, wie sich Dinge entwickeln. „Gestern hatten wir die Idee, einen ganz langen roten Teppich auszurollen, um den Kindern und Jugendlichen Wertschätzung entgegenzubringen.“
Die Mitarbeiter vor Ort organisierten ein langes rotes Tuch – und mitten in der Natur, zwischen den Reisfeldern, entstand ein Laufsteg. Bernd schulte die Workshop-Teilnehmenden darin, einen Catwalk entlangzulaufen.

Für Bernd war es einer der Höhepunkte der Reise. Er konnte den Jugendlichen zeigen, wie eine Modenschau entsteht und wie Kreationen präsentiert und in Szene gesetzt werden können. Mode und Ästhetik, sagt er, machen einfach Freude. „Ich bin Designer, arbeite also in einem Business, das sehr oberflächlich ist, aber eben auch wunderschön. Ich liebe es. Ich liebe beide Welten“, erzählt Bernd und ergänzt: „Wir sehen Jugendliche, die so viele Ideen haben, aber nicht wissen, wie sie sie zeigen können. Jetzt ihre Freude zu sehen, wenn sie sich selbst auf den Fotos sehen, wird mir ewig im Kopf bleiben.“

Voller Stolz liefen die Jugendlichen über den roten Laufsteg. Ihre anfänglichen Ideen erweckten sie selbst zum Leben: von den ersten Skizzen über das Schnittmuster und die Stoffauswahl bis hin zum fertigen Design. „Du siehst, wie die Kinder Spaß haben und lachen. Das ist so viel mehr wert als Verkaufszahlen oder ein Defilee in einer Modenschau in Shanghai, Paris oder London.“

Wie geht’s weiter?
„Wir wollen hier nicht stehen bleiben. Wir wollen weitermachen“, betont Bernd, und Tom Lupo ergänzt: „Uns ist es wichtig, mit den Menschen vor Ort in Kontakt zu bleiben und langfristig etwas aufzubauen – gleichzeitig aber darauf hinzuarbeiten, uns selbst überflüssig zu machen.“
Ein wichtiger Ansatz von Compassion in Sri Lanka ist es, Jugendlichen praktische Fähigkeiten zu vermitteln und sie in ihrer Berufsausbildung zu unterstützen. Denn oft reicht das Einkommen nicht einmal für Miete, Schulkosten oder Lebensmittel. Besonders für Familien in extremer Armut ist jeder Tag ein Kampf ums Überleben.
Deshalb möchten die Compassion-Mitarbeiter Kinder und Jugendlichen in allen Lebensbereichen fördern, damit sie ihre Zukunft aktiv gestalten können – sowie Piyumi, deren Traum es ist, ein eigenes Geschäft zu führen und Brautmode zu nähen.

Sie erzählt: „Im Gegensatz zu viele jungen Erwachsenen in meinem Alter, die verheiratet und mit vielen Problemen konfrontiert sind, bekomme ich wertvolle Ratschläge von den Compassion-Mitarbeitern. Ich habe viel durchgemacht, aber immer Stärke bewiesen und weiß, dass ich mit Problemen umgehen kann.“
Piyumi freut sich besonders über die neuen Nähmaschinen im Kinderzentrum. „Wir haben fünf Nähmaschinen installieren können“, erzählt Bernd Keller. „Diese Nähmaschinen sollen nicht stillstehen – es soll weitergehen.“
ART HELPS, Bernd Keller und Compassion planen, Designing Hope weiterzuführen.
„Designing Hope hat eine wichtige Bedeutung für mich. Es geht nicht nur darum, schöne Designs zu kreieren und Kinder stolz zu machen. Sie gestalten ihre eigene Zukunft. Wir können sie unterstützen und inspirieren, denn in Hoffnung steckt Zukunft.“
* In enger Absprache mit den lokalen Partnern, ART HELPS und Compassion ist die Idee entstanden, die Räumlichkeiten vor Ort mit einem Stockwerk zu erweitern und eine Nähstube und Kreativwerkstatt aufzubauen. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf 8.000 Euro für den Bau. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann das online auf compassion.de/sri-lanka oder per Überweisung an:
Compassion Stiftung, Evangelische Bank eG, IBAN: DE57 5206 0410 0000 8020 42, BIC: GENODEF1EK1, Verwendungszweck: Designing Hope



