30.08.2019 |
Haiti: Gislaine kämpft für ihre Kinder
Haiti: Gislaine kämpft für ihre Kinder
Das Leben war schon hart genug für Gislaine und ihre Familie. Aber als Hurrikan Matthew im Oktober 2016 zuschlug, wurde es verzweifelt.
Unter den 54 Prozent der Bevölkerung Haitis, die in extremer Armut leben (d.h. von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag), kämpften auch Gislaine und ihr Mann um die Versorgung ihrer drei Kinder. Sie leben in Torbeck, einer Stadt auf der südlichen Halbinsel des Karibikstaats. Guislaine verkaufte einfaches Essen auf dem lokalen Markt, ihr Mann arbeitete gelegentlich als Maurer. Als der Tropensturm der Kategorie 5 abzog, war Gislaines kleines Geschäft zerstört.
Zweifellos ist die extreme Armut das größte Problem der Familien, denen Compassion in Haiti hilft. Das Land ist mit fast elf Millionen Einwohnern das zweitgrößte der Karibik – und gilt weiter als das ärmste der westlichen Welt. Die Weltbank schätzt, dass die Arbeitslosigkeit landesweit bei 70 Prozent liegt. Das Einkommen der Menschen ist erschreckend gering: Nur zwei Prozent der haitianischen Haushalte können mehr als zehn US-Dollar am Tag ausgeben.
Viele Kinder landen auf der Straße
Unter diesen Bedingungen sind es die Kinder des Landes, die am meisten leiden – wie Dieunica, Kelly und Kelya, die drei Kinder von Gislaine. Ein niedriges Familieneinkommen verhindert ausreichende Ernährung und ein sicheres Zuhause, eine gute Bildung und Gesundheitsversorgung. Den Kindern wird verwehrt, ihr von Gott gegebenes Potenzial zu entfalten. Einige Jugendliche sind zu Prostitution oder Kriminalität gezwungen, um Geld für ihre Familien zu beschaffen. Und immer mehr Kinder in Haiti landen auf der Straße, um hier einen Kampf ums tägliche Überleben zu führen.
Um etwas für die Kinder und ihre Familien zu tun, insbesondere diejenigen, die von Hurrikan Matthew betroffen waren, startete Compassion das „Family Recapitalization Project“: Die wirtschaftliche Situation der Familien sollte gestärkt und sie in die Lage versetzt werden, ein Einkommen zu haben, das ihren täglichen Bedarf deckte.
Durch dieses heute noch aktive Projekt erhielten Familien Kleinkredite, mit denen sie eine einkommenschaffende Maßnahme starten oder ausbauen konnten. Ende 2017 erhielten 778 Begünstigte Kleinkredite in Höhe von mehr als 24 Millionen haitianischen Gourdes [ca. 320.000 Euro]. Die vollständige Rückzahlung war nach zehn Monaten fällig. Die Kreditnehmer nutzten sie für eine Vielzahl von Vorhaben.
Gislaine, deren siebenjährige Zwillinge Kelly und Kelya im Patenschaftsprogramm von Compassion waren, erhielt 35.000 Gourdes [fast 500 Euro], mit denen sie ihr Lebensmittelgeschäft wieder aufnahm: Jeden Montag und Samstag ging sie auf lokale Märkte. Ihre Strategie war es, Lebensmittel anzubieten, die sonst niemand auf dem Markt anbot – und ihre Strategie zahlte sich buchstäblich aus. „Das Rekapitalisierungsprojekt hat mir in jeder Hinsicht geholfen“, erzählt sie. „Mit meiner Arbeit kann ich jetzt leicht meinen Teil des Schulgeldes für die Kinder bezahlen. Außerdem leiden meine Kinder nicht mehr unter Nahrungsmangel.“
Tsadok Dalien, verantwortlich für das Projekt bei Compassion Haiti, weist noch auf eine Wirkung neben der wirtschaftlichen Besserung hin: Die Kinder laufen weniger Gefahr, vernachlässigt oder missbraucht zu werden, früher ein ernstes Problem in Torbeck. „Mit der Hilfe von Compassion, das als Organisation diese Praktiken verurteilt, wird Gewalt gegen Kinder immer seltener. Durch dieses Projekt und den Einfluss von Compassion treiben sich auch weniger Kinder auf den Straßen von Torbeck herum. Die Eltern sind sich ihrer Verantwortung wieder bewusst und weniger nachlässig.“
Bessere Gesundheit, gute Bildung
Kelly und Kelya gehen seit ihrem dritten Lebensjahr ins Compassion-Kinderzentrum. „Die Zwillinge waren sehr krank, bevor sie ins Programm kamen“, sagt Gislaine. „Manchmal musste ich sie mitten in der Nacht ins Krankenhaus bringen. Aber seit sie im Programm sind und regelmäßig medizinisch untersucht werden, hat sich ihre Gesundheit verbessert.“
Die Zwillinge besuchen auch die christliche Schule der Partnerkirche, die ihr Compassion-Kinderzentrum führt. „Ich bin stolz, dass meine Kinder die Schule im Kinderzentrum besuchen, weil es die schönste in der ganzen Gegend ist“, sagt Gislaine. „Und Compassion hilft uns, einen Teil ihres Schulgelds zu bezahlen.“
Nachdem sie ihr erstes Darlehen ans Projekt zurückgezahlt hatte – wie 99 Prozent der anderen teilnehmenden Familien -, erhielt Gislaine kürzlich ein weiteres Darlehen in einer zweiten Runde der Maßnahme. „Ich tue alles, was ich kann, um auch dieses pünktlich zurückzuzahlen und glaubwürdig zu bleiben.“ Gislaine hat große Pläne: Sie will eine Metzgerei gründen und das Fleisch auf dem Markt verkaufen. „Es ist eine Aktivität, die viel einbringt, wenn du weißt, wie man es macht“, lächelt sie. „Und ich weiß, wie man es macht.“
Jonathan Morency, Compassion Haiti