07.12.2020 |

Bildung in Peru: Internetzugang für ein ganzes Dorf

Romina schnappt sich ihr Schulheft und setzt sich auf einen Stuhl. Sie stellt das Handy ihrer Mutter Ana auf, um den Unterricht zu verfolgen und mitzuschreiben. Schon seit März ist nur Fernunterricht möglich, doch sie ist entschlossen, so viel wie möglich zu lernen.

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Ihr Bruder Santiago sitzt auf der anderen Seite des kleinen Tisches und wartet darauf, dass Romina fertig wird, damit er das Telefon für seinen Unterricht benutzen kann. Anas Ehemann, Juan Carlos, hatte etwas Geld für Lebensmittel zurückgelassen, bevor er um 4 Uhr morgens zur Arbeit auf dem Feld aufgebrochen war. Ana legt immer etwas Geld beiseite, um mobile Datenpakete zu kaufen, damit ihre beiden Kinder ihr Handy mit ihr teilen und ihre Schularbeiten machen können.

„Meine Daten halten meistens nur etwa fünf Tage. Manchmal können wir gar nicht online gehen, selbst mit mobilen Daten nicht, weil das Signal hier in der Gegend so schlecht ist“, sagt Ana.

„Meine Tochter hat sich oft aufgeregt und geweint und gesagt, dass sie so nicht lernen kann. Ich tue mein Bestes, um ihr zu helfen, aber es ist natürlich nicht dasselbe wie echter Unterricht in der Schule. Es ist frustrierend.“

Romina ist sieben Jahre alt. Ihr Traum und ihre Hoffnung ist es, Ärztin zu werden und sie weiß, dass sie dafür gute Noten braucht. Entsprechend motiviert ist sie in der Schule. Doch der eingeschränkte Internetzugang sorgte dafür, dass sie zurückfiel und ihre Lernmotivation sank.

So wie Romina geht es vielen Kindern in ihrem kleinen Dorf in Peru. Kinder, die durch extreme Armut ohnehin benachteiligt sind, laufen ohne die benötigte technische Ausstattung nun Gefahr, im Hinblick auf Schule und Bildung weiter zurückzufallen.

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„Als Mutter ist es schrecklich, seine Kinder so kämpfen zu sehen. Ich fühle mich machtlos“, sagt Ana.

Glücklicherweise ist Romina Teil des Kinderpatenschaftsprogramms von Compassion. Auch in der COVID-19-Pandemie ist das Kinderzentrum eine Quelle der Ermutigung und Hoffnung, nicht nur für sie und ihre Familie, sondern auch für die weiteren 425 Kinder und Familien, denen die Kirche im Norden Perus dient.

„Wir haben alle Familien befragt, um herauszufinden, wie wir unseren Kindern in dieser Zeit am besten helfen können“, sagt Luis, Pastor der Compassion-Partnerkirche, die Rominas Kinderzentrum betreut. „Wir hatten bereits Pakete mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln verteilt. Die Ergebnisse der Umfrage haben uns allerdings überrascht. Bildung und Fernunterricht waren zum größten Problem in unserer Gemeinde geworden“, sagt Pastor Luis. Nach vielen Gesprächen und Gebeten entwickelte das Leitungsteam die Idee, eine eigene Internet-Antenne auf dem Gelände der Kirche zu installieren und eine entsprechende Projektförderung zu beantragen.

„Wir wussten nicht, was aus unserem Vorschlag bewirken würde. Wir wussten, dass es ein teures Vorhaben werden würde, aber wir haben nie die Hoffnung verloren und vertrauten Gott und dem Team von Compassion Peru“, sagt Pastor Luis.

Ein paar Monate später arbeitete Pastor Luis gerade von zu Hause, als er die Nachricht erhielt, dass der Antrag durch das Compassion-Landesbüro genehmigt worden war. „Mein Herz war von Dankbarkeit erfüllt; ich konnte es kaum erwarten, es der ganzen Kirche mitzuteilen“. Die tolle Neuigkeit brachte Aufregung in das gesamte Dorf. Seit der Installation der Antenne können Kinder wie Romina ihre Schularbeiten ohne teure Datenpakete und mit einer zuverlässigen Internetverbindung erledigen.

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Die Vision des Kinderzentrums lautet: „Kinder auf eine bessere Zukunft vorbereiten“. „Heutzutage ist das Internet für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in all ihren Aktivitäten von wesentlicher Bedeutung“, erklärt Pastor Luis. „Wir sind sehr dankbar für die Gelegenheit, dies in unserer Stadt erleben zu dürfen. Es ist ein wahrgewordener Traum. Wir glauben daran, das Evangelium sowohl durch Worte als auch durch Taten weiterzugeben. Das war schon immer unser Gebet. Alle unsere 426 Kinder werden einen kostenlosen Internetzugang erhalten“.

Darüber hinaus erfuhren die Behörden und der Bürgermeister von dem Engagement, das viele Mitglieder der Kirche für die Familien leisten: „Sie boten ihre Hilfe an, um die Verwaltungsformalitäten und Genehmigungen zu beschleunigen, die wir für den Betrieb der Antenne benötigten. Wir werden auch in Zukunft für verschiedene Projekte zusammenarbeiten“, sagt Pastor Luis und lächelt.

Denn die Partnerschaft mit Compassion hat der Kirche große Glaubwürdigkeit auch über die Grenzen der Gemeinde hinaus verschafft. „Viele Medien haben berichtet, lokal und landesweit“, so Pastor Luis.

„Wir sind sehr dankbar. Die Partnerschaft mit Compassion ermöglicht uns, das zu tun, was wir uns immer gewünscht haben – für die Schwächsten einzustehen“, sagt Pastor Luis.

„Wir wollen weiterhin im Namen Jesu Kinder aus Armut befreien und ihnen bessere Chancen im Leben geben. Wir wissen, dass Bildung der wesentliche Faktor ist, um der Armut zu entkommen und langfristig auf eigenen Beinen zu stehen.“

„Die Antenne soll allen im Dorf zugutekommen. Wir werden günstige Internetangebote machen, die unter den üblichen Kosten liegen werden. So können wir die Kosten für Wartung und Betrieb der Antenne decken“, erklärt Pastor Luis.

„Meine Tochter hatte gestern einen Videoanruf für einen Test mit ihrem Lehrer, und sie hat bestanden. Sie war sehr glücklich“, sagt Ana. „Wir freuen uns auch darüber, dass die Familien nun online an unseren Gemeindeangeboten teilnehmen können.  Viele von ihnen verpassten unsere Gottesdienste und Treffen, weil sie kein WIFI hatten“, fügt Pastor Luis hinzu.

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„Meine Kinder im Kinderzentrum zu haben, ist ein großer Segen. Umso mehr in dieser Zeit. Ich sehe, wie sie unsere Kinder begleiten und ihnen einen guten Weg zeigen, auf dem sie gehen können“, sagt Ana. „Wir wissen auch, dass dahinter viele Menschen stehen, die helfen und geben. Und ich möchte, dass alle wissen: Das, was die Kirche für uns tut, ist nicht umsonst. Vielen Dank!“

Bericht und Bilder: Fernando Sinacay, Compassion Peru

Die Herausforderungen der Corona-Pandemie betreffen uns alle. Doch in vielen Ländern, in denen Compassion arbeitet, sind die Probleme sehr existenziell. Schulschließungen, Ausgangssperren und damit verbunden steigende Lebensmittelpreise bedrohen die Zukunft vieler Kinder und Familien. Mit der Verteilung von Lebensmitteln und Hygieneartikeln und zahlreichen Maßnahmen zur Bildungsförderung wie der in Rominas Dorf wollen wir in Verbindung mit unseren lokalen Partnerkirchen diese Folgen abmildern.

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